Dienstag, 18. Juni 2013

18. woche

mittwoch, 29.mai

Ich kann mich ans richtig faul sein gewöhnen.

donnerstag, 30. mai

Der Feiertag Corpus Christi bescherte mir keinen zusätzlichen freien Tag, da ich sowieso frei hatte. Mein Gastvater deutete mein zuhause bleiben der letzten Tage als Krankheit und warf mir vor, von jeder Reise infiziert zurück zu kommen. Ich solle vor der nächsten Reise einen Arzt aufsuchen, der mich durchchecken soll und nur mit dessen Einverständniserklärung dürfte ich reisen. Ich erklärte, dass ich bereits morgen wieder aufbrechen wolle, am Feiertag kein Arzt geöffnet hat, ich mich fit fühle, diese Woche nicht arbeiten müsse. Ob das in Ordnung sei fragte ich, sobald ich am Montag wieder in La Paz sein würde, würde ich mich durchchecken lassen. Kein Problem meinte er.
Anschließend begannen wir den Garten und die Küche auf ein Grillfest vorzubereiten.
Gegen 4 trudelten meine Gastoma und einige ihrer Freunde und Innen ein. Gegen sieben war das Mittagessen soweit. Ich unterhielt mich noch kurz mit den Gästen, half als es kälter wurde, Stühle und Tische in den sonst unbenutzten Keller zu tragen und ging dann auf mein Zimmer. Im Keller legten die mit Drinks nicht unterversorgten Herrschaften nun richtig los. Es wurde getanzt und laut gejauchzt. Schön wenn man die ältere Generation fideler als so manche jungen Paceñas sieht. Pünktlich um neun waren dann jedoch die letzten Reserven aufgebraucht und es ging für alle nachhause. Ich hatte derweil mein Zeug gepackt, denn morgen ging es los, meinen ersten 6000er zu besteigen.

freitag, 31. mai

Ich frühstückte, machte mich fertig, sagte am Schlafzimmer meiner Gasteltern tschüss und ging um kurz vor acht aus dem Haus. Aufgestanden war noch keiner, da im Winter, aufgrund zu kalter Klassenräume und Erfrierungsgefahr auf dem Schulweg, die Schule erst eine Stunde später begann. Was hier als Kälte empfunden wird, ist aber auch abenteuerlich. Zu keiner Zeit, nicht einmal nachts, gab es bisher Temperaturen unter 5°C. Nach einigen Wochen Vorfreude auf dieses Ereignis war ich total motiviert, zumal ich an jedem Wochentag der letzten Wochen an Langeweile und Nutzlosigkeit gelitten hatte.
Das der Ausflug nicht ganz legal war, da wir AFS nicht Bescheid gegeben hatten war zusätzlicher Nervenkitzel.
Im Büro des Reiseveranstalters angekommen, wurden Equipments ausgegeben und ausprobiert. Ich hatte Glück etwas in meiner Größe zu ergattern. Jacken, Hosen, Schuhe und Steigeisen machten zwar einen brauchbaren Eindruck schienen aber noch aus der Anfangszeit Reinhold Messners zu stammen.
Als alles in den Minibus geladen war, ging es los. Verpflegung würden wir noch billig unterwegs kaufen können, wurde uns mitgeteilt. An besagtem Laden angekommen, wurde schnell deutlich, dass wohl eine Kooperation zwischen Reiseveranstalter und Ladeninhaberin bestehen musste. Jedes Produkt war mindestens 10% teurer als in sonstigen Läden. Egal, Hauptsache es ging bald los.
Wir fuhren vorbei an der Berg- und Minenlandschaft, deren ausgeflossenen Mineralien die anliegenden Lagunen in alle möglichen Farben gefärbt hatten. Am ersten Basiscamp [auf ca. 5000m] stiegen wir aus. Vier AFS-Leute und ein Kanadierin, die momentan auf Weltreise war, hatten das Ziel am Sonntagmorgen zum Sonnenaufgang den 6088m hohen Huyna Potosi zu beklommen zu haben.
Das Haus war trotz seiner sehr bodenständigen Einrichtung, samt Matratzenlager, welches man wohl aus einem Kindergarten zusammen geklaut hatte, sehr gemütlich.
Nach einem kleinen Mittagessen, zogen wir los um in Ausrüstung zu trainieren. Nach einem kleinen Marsch kamen wir ans Gletscherfeld. Zuerst kraxelten wir mit Steigeisen auf dem Gletscher herum. Wenig später durften wir mit Eispickel bewaffnet unsere Künste als Eiskletterer beweisen. Dann war unser Schnupperstündchen auch schon vorbei. Wie ich mich aus einer Gletscherspalte befreien könnte oder bei anzunehmender Gefahr zu verhalten hatte, wurde wohl nicht als lehrwürdig erachtet. Ohnehin bezweifelte unser Guide, dass wir mehr als „amigos, vamos a la playa“ verstanden. Diese fünf Worte hatte er schon so oft wiederholt, dass wir schon darüber nachdachten, ihn bei abermaligem Erwähnen den Mund mit Coca zu stopfen. Wir verwarfen den Gedanken jedoch wieder, weil man nie wissen konnte, wie viel des Wunderblatts gegen die Höhenkrankheit wir selber benötigen würden.
Als wir an der playa, in diesem Fall Haus, angekommen waren, tranken wir erst Tee und aßen anschließend zu Abend. Dann versuchten wir auf unseren Winzlingsmatratzen mit Disneymotiven einzuschlafen, was aus zwei Gründen jedoch schwer fiel. Erstens rumorte es in unseren Bäuchen, dass sogar der ums Haus pfeifende Wind übertönt wurde. Und zweitens war es einfach nur kalt. Die professionellen, minustemperaturentauglichen Schlafsäcke, die man uns geliehen hatte, waren wohl dünner als das Fell eines geschorenen Lamas. Mit allen Kleiderschichten eingepackt, war es auszuhalten.
Nachdem erst ein anderer AFS-Freiwilliger und dann ich unseren Mageninhalt Pachamama serviert hatten, fanden wir letztlich unseren Schlaf.

samstag, 1. juni

Das aus einem eingefrorenen Fluss bestehende Bad vertrieb beim Hände- und Gesichtwaschen die letzte Müdigkeit aus den Gliedern und nach einem mehr oder weniger stärkenden Frühstück ging es zum Aufstieg zum nächsten Basispunkt. Auf dem Weg nach oben fühlten wir uns wie in den Alpen. Der Schwall an europäischen Sprachen, Menschen und Moden, der uns entgegen rauschte, machte es schwer zu glauben, dass wir uns etwas weiter südwestlich befanden. Andererseits würde man nicht so vielen wandernden Hipstern auf dem Weg zur Schrösenalm, oder anderer Alpenhütte begegnen.
Uns wurden zwei Schicksale mitgeteilt. Da gab es zum einen die, die vor Stolz platzen, den Riesen gemeistert zu haben und die anderen, die teils erst kurz vor dem Gipfel kotzend und höhenkrank umdrehen mussten. Unsere nächtliche Gabe an Pachamama lies uns jedoch zuversichtlich, den Berg schon genug überlassen zu haben, so dass er uns nun ohne weiteres passieren lassen würde.
Die Sonne strahlte wie verrückt und mit dem Gepäck auf dem Rücken waren wir froh, endlich verschwitzt an einem winzigen Häuschen angekommen zu sein. Wir studierten die zahlreichen Wandbeschriftungen im Innenraum des Hauses, die von vorherigen Besuchern angefertigt worden waren. Die in allen Farben, Größen und Sprachen verfassten lyrischen Werke erzählten ehrfurchtsvoll von der Kraft des Bergers oder deren Bezwingern, vom Meistern und Scheitern oder von heftig wütenden Darmwinden.
Nachdem wir unser Nachtlager mit noch gewöhnungsbedürftigerem Schlafmaterial als in der Vornacht hergerichtet hatten, aßen wir um 4 zu Abend. Es war recht wenig, da es wohl einen Organisationsfehler gegeben hatte. Mit fast leerem Magen legten wir uns in Mitten anderer Aufstiegswilliger schlafen. Da der Aufstieg heute Nacht um halb 2 beginnen sollte, lagen wir schon um fünf im Bett und das einschlafen fiel heute um einiges leichter. 

sonntag, 2. juni

Um 12 wurde gefrühstückt, und um eins ging es los. Als der Gletscher begann, wurde im Dunklen mit kalten Fingern die Ausrüstung angelegt. Amigos, vamos a la playa. Wir teilten uns in zwei Gruppen auf und in zwei Seilschaften ging es den Berg hinauf. Es war völlig dunkel und nur die Kopflampen waren einen kleinen Lichtschein auf den eingetrampelten Schneeweg. Wir kamen nur langsam voran, da meine AFS-Mitwanderin nicht an die Höhenluft gewohnt war und so ständig Atemluftprobleme bekam. Wir hielten an warteten kurz und gingen dann weiter. Unsere Mitstreiter waren schneller unterwegs und schon bald sahen wir noch das Licht ihrer Höhlenlampen im Schnee reflektieren. Andere Gruppen, die später aufgebrochen waren, hatten uns schon überholt. Überhaupt war zu dieser frühen Stunde viel los auf dem Berg. Die ganzen Lichtkegel erinnerten an Glühwürmchen oder Pistenraupen, die sich in der Stille ihren Weg nach oben bahnten. Es eiskalt und nur das rhythmische Knirschen der Steigeisen durchdrang die Stille des ewigen Weiß. Als wir eine gewisse Höhe erreicht hatten, konnte man zwischen den Bergen die Lichter El Altos durchschimmern sehen. Auch die Sterne waren einen Anblick wert. Nachdem unsere Vorläufergruppe einige Male auf uns hatte warten müssen und wir wegen all der Pausen im Zeitplan weit zurück gefallen waren, keimten schon erste Aufgabegedanken in unserer Zweiergruppe auf. Ihre Kraft und Ausdauer würde, je weiter oben wir uns befänden, es noch schwieriger machen vorwärts zu kommen. Wir motivierten uns und sie kämpfte tapfer weiter. Als wir nach 3 Stunden hochstapfen, ewigen überholt werden, ihrem steigenden Kopfweh und ständigen Anhalten an ein Steilstück kamen, traf sie die Entscheidung, die getroffen werden musste. Es ging nicht weiter und wir mussten umkehren. Ich hatte Angst nicht zu meinem Gipfelerlebnis zu kommen, auf das ich mich so gefreut hatte. Ich spürte im Gegensatz zu ihr noch keine Höhenerscheinungen, was wahrscheinlich dem vielen Sport, den ich in La Paz und El Alto trieb, geschuldet war.
Zum Glück setzte gerade eine weitere Gruppe zum überholen an, die nach kurzen diskutieren bereit waren, mich bis zu den Vorreitern meiner Gruppe mitzunehmen. Ihr Guide kam mir viel professioneller vor und erklärte auch immer was wir zu tun hatten. Vor allem am ersten Steilstück, der einzigen kleineren Schwierigkeitsprüfung war das mehr als hilfreich. Noch immer war es dunkel und die kältesten Stunden begannen gerade zu wirken. Im Vergleich zum vorherigen Tempo sprinteten wir nun den Berg hoch, weshalb wir nach wenigen Minuten in Sichtweite mit den anderen kamen. Wir riefen, sie warteten und dann hatten wir sie eingeholt. Erneut wechselte ich die Seilschaft und war endlich mit den anderen AFSlern und der Kanadierin unterwegs. Wir waren mittlerweile so weit oben, dass wir die umliegenden Bergspitzen überblicken konnten. Hinter den sieben Bergen begannen die Nebel- und Regenwälder, auch La Paz und El Alto konnte man jetzt fast gänzlich sehen. Beeindruckend.
Es dämmerte, viel weiter unten stieg Nebel auf, hier oben war es wolkenlos und der Sternenhimmel verlor mit der Helligkeit seinen Glanz. Dieses nicht enden wollende Trotten erinnerte an das tranceähnliche Laufen im Dschungel, nur das dort die Luft eine angenehmere Temperatur besessen hatte.
Nach 5einhalb Stunden standen wir am letzten Kamm. Nun ging es noch einmal steil hoch und breit war der Weg auch nicht mehr. Erstmals kam der Eispickel gewinnbringend zum Einsatz. Beim Runterschauen könnte einem mulmig werden. Von der Höhe spürte ich zu meiner Verwunderung noch immer kein Bisschen, mein Kopf war voll einsatzfähig und auch die Lungen spielten noch voll mit.
Man konnte nun auch auf die andere Seite des Berges blicken. Der Titikakasee schien gar nicht weit weg und die Fernsicht war beeindruckend. Wir waren nach 6h eintönigem Laufen, endlich angekommen. Zum Jubeln war fast keine Kraft vorhanden, und ausgelassene Freudensprünge sollte man auf dem kleinen Plateau lieber unterlassen.
Wir schossen Fotos, stärkten uns mit unserem Siegerschokoriegel, bibberten in der Kälte und genossen die Rundumsicht, die mehr als beeindruckend war. Da die aufgehende Sonne sich unter der Bergspitze befand, warf der Berg einen unglaublich langen Schatten. Bis nach Peru erstreckte sich ein schwarzes Schattendreieck auf dem hinter dem Berg verlaufenden flachen Boden. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Wir waren die letzten auf dem Berg und machten uns, nachdem wir uns satt gesehen hatten zufrieden an den Abstieg. Durch die Sonnenstrahlung wurden Eis und Schnee immer weicher und wir wussten jetzt warum man den Aufstieg nachts wagen musste. Es ging zügig bergab. Nur kleine Pausen verzögerten die Ankunft an unserer Berghütte.  
6 Stunden Aufstieg standen am Ende zwei Stunden Abstieg gegenüber. Glücklich angekommen zu sein, entledigten wir uns unserer Spezialkleidung und packten unsere Sachen zusammen. Nach einem spärlichen Mittagessen sollte es dann losgehen.
Allerdings verzögerte meine Sonnenbrille die Aufbruchzeit. Ich hatte mich noch einmal auf der Plumpsklohütte eingefunden, die so zerbrechlich wirkte, dass man froh sein konnte, dass die oben erwähnten, häufigen Blähungen sie noch nicht in den Abgrund gepustet hatten. Als ich die Aussicht auf dem Höhenörtchen festhalten wollte, machte sich meine Sonnenbrille selbstständig und stürzte sich kopfüber in den gefrorenen Berg Touristenscheiße unter mir. Mist. Ich musste sie irgendwie retten, da sie nicht gerade billig gewesen war und ich sie nicht auf einem Plumpsklo in 5200m Höhe verloren wissen wollte. Kopfüber in der Schüssel konnte ich sie nicht mal sehen. Als ich darüber nachdachte über was sich mein Kopf gerade befand, musste ich mich fast übergeben. Ich riss mich aber zusammen um meine Brille nicht weiterem gekautem Material auszusetzen. Draußen erzählte ich von meinem Missgeschick und wurde prompt ausgelacht. Auch ich konnte nicht anders, trotz meiner Not war die Situation einfach zu seltsam.
Selbst mit Hilfe des Herbergsvaters schien die sonderbare Art von Bergrettung zuerst aussichtslos. Es gab keinen Ein- oder Ausgang der Jauchegrube. Ich wollte aber nicht aufgeben. Nach etwa 5min entdeckte ich eine Spitzhacke. Mit ihr hebelten wir drei Bodendielen aus und die Schatzsuche nahm wieder Fahrt auf. Im untersten Eck des Lochs hatte es sich meine Sonnenbrille bequem gemacht. Noch nie war der Begriff Reichweite so passend gewesen. Ich legte mich auf den Boden, beugte mich so weit es ging in braun-grünen Untergrund und fischte mit meinen Fingern das noch braunere Gestell aus seiner Umgebung. Die Rettung. Es konnte weiter gehen. Zum weiteren Abstieg verzichtete ich jedoch mein geliebtes Accessoire aufzusetzen.
Ich raste förmlich den Berg herunter, da ich so schnell wie möglich zuhause sein wollte. An der unteren Hütte angekommen gönnten wir uns erst einmal ein Siegerbier.
Nun hieß es Abschied nehmen vom Wayna Potosi und seiner Umgebung. Im kleinen Bus holperten wir über kleine Straßen in Richtung La Paz und ließen die Erlebnisse noch einmal durch den Kopf gehen. Im Zentrum angekommen musste ich eine weitere Stunde Fahrt auf mich nehmen um endlich zuhause anzukommen.
Ich hatte alles ausgepackt, mich geduscht und wollte mich gerade hinlegen um den verpassten Schlaf aufzuholen als jemand draußen meinen Namen brüllte. Vor der Mauer stand mein AFS-Freund und winkte aufgeregt. Er war normalerweise nie hier, weil er meine Gastfamilie hasste und das Haus vom Zentrum ewig weit entfernt war. Ich war mehr als verwundert. Es musste also etwas Ernstes sein, zumal wir uns erst vor wenigen Stunden noch gesehen hatten. Ich öffnete die Tür. Niklas, Mann, wir sind aufgeflogen! Wie? Was? Aufgeflogen? Stand er noch unter Einfluss der Höhe. AFS hatte mitbekommen, dass wir ohne deren Erlaubnis dieses Wochenende nicht zuhause verbracht hatten. Dies bedeutete Ärger.
Jemand hatte uns verraten und es war auch schnell klar wer. Irgendjemand aus meiner Gastfamilie hatte AFS Bescheid gesagt und verraten, dass ich nicht alleine unterwegs war. Am Telefon hatte unsere Betreuerin wohl sehr sauer geklungen und uns für Mittwoch ins Büro geladen. All die schönen Eindrücke des Wochenendes waren auf einmal dahin. Ich blieb zwar ruhig, da sich alles zum Guten entwickeln könnte, dennoch war ich von meiner Gastfamilie sehr enttäuscht. Leider konnten wir sie nicht direkt zur Rede stellen, da sie die Zeit schlafend im Bett verbrachten.
So fuhren wir in die Stadt, wo wir uns mit unseren Mitbesteigern auf ein Bier verabredet hatten. Außerdem wollten wir die Zeit nutzen, um unsere Ausreden mit den anderen Freiwilligen abzustimmen. Zumindest das Abstimmen klappte, wohingegen das Biertrinken ausfiel, da Sonntagabends wohl keine Bar geöffnet haben wollte. Frustriert und ungewiss ging ich nach Hause.
Am Küchentisch saß meine Gastmutter und wir unterhielten uns über das Wochenende. Auf die Frage, ob etwas Besonderes vorgefallen war, antwortete sie mit nein. Ach AFS hatte angerufen, am Mittwoch sollte ich zu einer Vorbesprechung zum anstehenden Halbjahrestreffen teilnehmen. Das am Mittwoch keine normale Besprechung anstand war uns beiden klar, aber ich war bereit das Spiel mitzuspielen. Wann würden sie mir mitteilen, dass sie angerufen hatten und aus welchem Grund.

montag, 3. juni

Noch immer hatte ich keine neue Arbeitsstelle und so konnte ich mich ganz darauf konzentrieren, wie das anstehende Gespräch wohl ablaufen würde. So langsam wurde mir bewusst, wie sehr mich das Verhalten meiner Gastfamilie doch annervte. Vor allem meine Gastmutter prieß ständig die Vorzüge einer bolivianischen Familie an: Loyalität, helfen bei Problemen, Zusammenhalt, direkte Kommunikation. Was sie im Gegensatz zu deutschen Familien zu sagen hatte, die sie aller höchstens aus Nebensätzen ihrer Tochter, die sich in Deutschland befand, heraus zu hören glaubte, möchte ich gar nicht wiederholen. Dennoch verpasste meine Gastfamilie auch heute, mich über ihren Anruf und etwaige Probleme, die sie wohl mit mir hatten, aufzuklären. Stattdessen zog meine Gastmutter über die Unzuverlässigkeit der Deutschen, deren Ungastfreundlichkeit und menschliche Kälte her, als hätte sie ihr halbes Leben dort verbracht. Es ging um kleine Organisationsprobleme mit denen sich ihre beiden Töchter, die eine gemeinsame Europareise geplant hatten, zurzeit herumschlugen. Selbst meine Eltern, die ihre Hilfe bei Visumsangelegenheiten angeboten hatten, bekamen ein ungenügendes Zeugnis ausgestellt. Vor zwei Wochen hatte sie sie noch in den Himmel gelobt. Mit Deutschen habe sie abgeschlossen und wolle mit ihnen nichts mehr zu tun haben, mit mir habe sie allerdings keine Probleme. Ich konnte ihr Gemotze nur schwer verstehen und war wohl an meinem ersten kleinen Kulturunterschied angekommen. Ob ihre Antipathie gegenüber Deutschen Anlass war, mich und meinen Kumpel zu verpfeifen? Da man sowieso nicht direkt mit ihr reden konnte, blieb dies nur ein Bauchgefühl. Nachdem ich mir weitere verwirrende Gedankengänge angehört und mich weiterhin zurück gehalten war endlich Bettzeit.

dienstag, 4. juni

Der Dienstag verlief wie der Montag, nur dass ich nachmittags etwas unternahm. Um aus der bedrückenden Stimmung des Hauses herauszukommen half ich einer Freundin bei der Appartementsuche.




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