Donnerstag, 30. Mai 2013

siebzehnte woche

mittwoch, 22. mai

Morgens traf ich mich mit meiner Kollegin in El Alto, um bei einer „feria“, einen Stand über Recycling zu betreiben. Weil wir das letzte Mal viel zu früh anwesend waren, hatten wir uns heute mit unserer Ankunft Zeit gelassen. Als wir jedoch ankamen, waren die restlichen Stände auf einem kleinen Schulbolzplatz schon aufgebaut und es herrschte große Vorbereitungshektik. Wir warfen uns sogleich ins Zeug unseren Stand fertig zu stellen. Etwas  mickrig kamen wir uns mit unserer bescheidenen Ausstattung in mitten farbenprächtiger Stände, mit haufenweisem Material schon vor. Tags zuvor hatte die Schweizer Überorganisation uns nur eine Handvoll Flyer gegeben, wo es sonst noch immer die mindestens zehnfache Menge gewesen war. Um uns herum boten die Stände große Plakate und leckeres Frühstück an, während wir uns mit Handzetteln begnügen mussten, die wir nicht einmal verteilen konnten. Aber noch war es nicht soweit. Alle Stände waren zwar einsatzbereit, aber in der Mitte des Platzes wurde nun noch eine übermäßige Bühne samt Riesenboxen aufgebaut, auf die so manches kleines Festival stolz gewesen wäre. Die Schulkinder, die extra morgens frei bekommen hatten, tummelten sich schon auf dem Platz. Die Bühne war fertig und da auch die Boxen geprüft werden mussten, wurden über diese lautstark die schlimmsten Hits der frühen Neunziger abgespielt.
Dann ging die Eröffnungszeremonie los. Haufenweise Ehrungen, Tanzeinlagen, Schulkinder, die in ulkigen Uniformen schief Musik spielten, Gelaber und noch mehr Ehrungen. Nach 2einhalb Stunden wurde noch immer gelabert und gelobt, überall blickte man in gähnende Gesichter. Schließlich wurde die Feria doch noch eröffnet. 20min hatten wir Zeit, Kindern, die nicht an die Essensstände gefesselt waren, etwas über die Umwelt und Recycling zu erklären. Viele waren jedoch noch nur auf die bunten Broschüren aus. Nach diesen 20min mussten die Kinder wieder in die Schule, wir abbauen und zurück zum Büro. Effektiv war dieser Einsatz keines Falls, was aber auch an der Planung des Veranstalters lag. Dass die feria zudem 2 Stunden später begonnen hatte, tat sein Übriges.
Am Nachmittag traf ich mich mit Freunden zu deren Appartementsuche.

donnerstag, 23. mai

In der Arbeit teilte ich heute meine Wechselpläne mit, worauf mir außer vom Chef Lob zu diesem Schritt zugesprochen wurde. Die Stimmung im Büro war die letzten Wochen merklich komisch, wozu auch die seit drei Monaten ausbleibenden Gehaltszahlungen ihr übriges gaben. Man teilte mir auch mit, dass ich bis zum Wechsel nicht mehr ins Büro kommen müsste, da es sowieso nichts zu tun gab, was ich sowieso vorhatte. Wieso sollte ich weiter sinnlos Zeit absitzen, wenn meine Organisation es einfach nicht auf die Reihe bekommt, binnen zweieinhalb Monaten kein neues Projekt zu finden.

freitag, 24. mai

Den letzten Arbeitstag im Projekt verbrachte ich wie die vorherigen. Abwarten bis es Mittag wurde. Nachmittags packte ich dann meine Sachen um abends mit bolivianischen Freunden nach Cochabamba, eine weitere große bolivianische Stadt, aufzubrechen. Natürlich konnte man mir keine richtige Uhrzeit zur Abfahrt mitteilen. Auf eigene Faust fuhr ich Richtung Busterminal, als ich plötzlich angerufen wurde. Wo bist du denn? Der Bus fährt gleich los. Du musst wohl alleine fahren, wenn du es nicht schaffst. Immerhin war ich nicht weit entfernt, stand aber im Stau, weshalb ich aus dem Minibus stieg und die steile, verpestete Straße Richtung Terminal hochrannte. Ich wäre fast in den falschen Bus eingestiegen, als ich sicherheitshalber noch einmal anrief. Da klärten mich meine Freunde auf, dass sie jetzt doch einen Bus später nehmen würden, da einer ihrer Freunde es nicht rechtzeitig schaffen würde. Wozu die Hektik regte ich mich kurz auf, nur um anschließend wieder in die bolivianische Gelassenheit zurück zu fallen. Wenigstens konnte ich doch noch etwas zu Abendessen, während wir auf die Abfahrt warteten. Im Bus versuchte ich zu schlafen, da es aber so kalt und unbequem war, blieb mir dies verwehrt.

samstag, 25. mai

Frühmorgens, als ich der Bodennebel lichtete und acht Stunden holprige Busfahrt vorrüber waren, kamen wir an. An der Umgebung konnte man direkt erkennen, dass wir uns nun in wärmeren Gefilden weiter im Süden, runter vom Altiplano befanden. Wir fuhren in die Stadt um ein Hostel zu suchen, die zu dieser Stunde leider noch alle geschlossen hatten. Nach einem kurzen Frühstück kehrten wir zurück und checkten ein. Eigentlich wollte der Rugbypartie des anderen Freiwilligen zuschauen, die zufälligerweise ebenfalls in Cochabamba [kurz Cbba] stattfand. Als ich am Treffpunkt zur Abfahrt ankam, war das Auto samt seinen Teamkollegen jedoch schon weggefahren. So versuchte ich auf eigene Faust das Spielfeld zu finden. Erst der sechste Taxifahrer glaubte zu wissen, wo sich dieses befand. Im Gegensatz zu allen Taxifahren, mit den ich in La Paz bis jetzt gefahren war, unterhielt sich der Taxifahrer sehr freundlich mit mir und klärte mich über seine Stadt Cbba auf. Am Klischee, dass die Menschen im Osten, jenseits der Hochebene etwas freundlicher und wärmer sind, war also etwas dran.
Die Türwächter am Sportkomplex schauten den Taxifahrer mit dunklerem Hautton kritisch an, wiesen uns harsch ab und erklärten uns, dass es hier kein Rugbyfeld gäbe und wir weiter fahren müssten.
Der Sportclub samt Golfanlage und Tennisplätze war für reicheres Publikum bestimmt. Allein die Dreistigkeit nicht mit eigenen Auto vorzufahren und dazu noch als Brauner war für die barsche Reaktion der Sicherheitsleute verantwortlich. Noch immer ist das mit Reichtum verbundene Rassendenken stark verbreitet, vor allem hier in Cbba, wie mir der Taxifahrer erklärte. Unverständlich wie ich finde und mir auch in La Paz schon des Öfteren begegnete. Wir fuhren weiter, konnten jedoch auch an der uns besagten Stelle kein Spielfeld ausmachen. So fuhren wir zurück. Kurz vor dem Bonzensportkomplex stieg ich aus um zu Fuß noch einmal nachzufragen. Dieselben Wächter waren auf einmal sehr freundlich und boten mir eine Tour über das Gelände an. Was man mir blond sein alles erreichen kann. Diese falschen, ignoranten Säcke dachte ich mir, wieso muss man sich so rassistisch verhalten und lässt sich dieses Menschenbild aufzwängen, zumal sie selber auch einen dunkleren Hautton besaßen.
Das Rugbyfeld war dennoch nicht hier, ich bezahlte den Taxifahrer und machte mich selber auf die Suche.
Bei einem Baseballfeld fragte ich nach der Richtung. Das Rugbyfeld wäre im entgegengesetzten Stadtteil. Ich solle mir keine Sorge machen, sie würden mich hinfahren. Abermals diese östliche Freundlichkeit. In La Paz hätte ich niemanden gefunden, der einen Fremden zu besagter Stelle mitnimmt.
Nach meiner Odysee bedankte ich mich freundlich bei der netten Familie und schaffte es letztendlich doch noch das Rugbyspiel zu sehen. La Paz verlor deutlich, was auch an den gewaltigen Höhen- und Gewichtsunterschieden der beiden Mannschaften lag. Die im Flachland generell andere Physis der Menschen, die meist höheraufgeschossen sind, war hier deutlich zu erkennen. So nun genug der „Rassenkunde“.
Zuschauer waren ausschließlich reiche Cochabambinos mit Zierhunden und iPads, was mir nach dem vorherigen Einlasserlebnis etwas aufstoß.
Danach ging es die dritte Halbzeit, zu der auch ich eingeladen wurde. Das Heimteam lädt dabei die Gästemannschaft zu Essen und vor allem Trinken ein. Typisch bolivianisch in alkoholischer Form. Nach einigem Flaxen und Bauchvollschlagen, verabschiedeten und bedankten wir uns und machten uns auf den Weg zu einer Bar. Obwohl alle vom CL-Finale sprachen, hatte es keinen Fernseher gegeben und die Partie war schon im vollen Gange, was wir uns auf keinen Fall entgehen lassen wollten.
Wir saßen gemütlich draußen mit kurzer Hose, was in La Paz zurzeit undenkbar scheint und genossen das spannende deutsch-deutsche Finale.
Anschließend trafen wir uns mit meinen Freunden.
In der Nacht gingen wir zu einem Konzert bei dem eine meiner Freundinnen auflegte. Bevor das Konzert losging waren wir in das riesige Haus einer der Freunde aus Cochabamba eingeladen. Ein Anbau, der größer als so mancher Wohnraum war diente als Aufenthaltsraum. Man hätte Billiard, Tischfußball oder Videospiele an einem riesigen Fernseher spielen, sich in einem Musikraum voller Instrumente selber beschallen, in einem der Fitnessgeräte auspowern, im Pool ein paar Runden drehen und sich anschließend in der Sauna wieder aufwärmen können. Zudem gab es noch einen großzügigen, schön angelegten Garten, was in der sonstigen bolivianischen Raumaufteilung nicht üblich ist. Kurzum eine wahre Villa.
Das es in manchen Privathaushalten in Bolivien genug Geld zu geben scheint um abgelegene Dörfer mit einem Trinkwasseranschluss zu versorgen, wage ich nicht zu bezweifeln.
Als der Alkohol leer war ging es dann zur Open-Air-Party im Hinterhof, die alleine wegen des Lärmpegels so nie in der Nachbarschaft anderer Häuser stattfinden dürfte. Es wurde so ausschweifend und euphorisch getanzt, dass um 12 die Luft schon wieder raus war.
Dennoch wollten alle bleiben, weswegen ich dann erst um 0330 im Hostel zum schlafen kam.

sonntag, 26. mai

Nach dem Aufstehen ließen wir das Frühstück aus und begannen uns mit einer der vielen Spezialitäten Cochabambas, das landesweit für seine Küche bekannt ist, den Bauch voll zu schlagen. Alleine das frischgemachte Käse- und Chirimoyaeis eines Milchladens wäre eine Reise wert. Gepaart mit dem angenehmen Wetter, dem entspannten Straßenbild mit seinen Bäumen, rumflatternden Minipapageien, angenehmen Bars, nicht zu vergessen den aufgeschlossenen Leuten, ist Cbba eine sehr lebenswerte Stadt. Dann machten wir uns noch auf das Wahrzeichen Cbbas zu besichtigen: eine weiße, riesige Jesusstatur, die auf einer Bergformation in mitten des Cbbastals über der Stadt ragt und an den berühmten Riojesus erinnert. Den Weg nach oben nahmen wir in einer der gelben Zubringer Gondeln um oben den Ausblick und die lärmenden Sonntagsausflugsfamilien zu genießen.
Wieder unten trafen wir uns zum Nachmittagsessen um anschließend zum Familienappartement einer der Mädels zu gehen. Freunde gefunden zu haben, mit denen mal sowohl reden als auch Spaß haben konnte, noch dazu bolivianische, füllte mich fast etwas mit Stolz. Ein schönes, spaßiges Wochenende, das vom [Nicht-]Arbeitsfrust und langweiligen Familienalltag ablenkte, war vorrüber. Zum Abschluss des Leckereienmarathons gab es noch den Elefantenohrenhamburger zu essen. Der safaritaugliche Name stammt vom flachgeklopften Fleischstück, das von seinen Maßen mindestens an ein Babyelefantenohr erinnert. Von diesem kurzen Städttrip nahm ich einiges mit, vor allem das man innerbolivianische Klischees Glauben schenken darf. Die Klischees der Freundlichkeit der Menschen, des leckeren Essens, das an jeder Ecke erhältlich ist, der hübscheren Menschen und des angenehmen Klimas, kann ich trotz ihrer Oberflächlichkeit allesamt bestätigen.
Abends ging es dann im Bus zurück.

montag, 27. mai

Als wir im Morgengrauen im bitterkalten La Paz ankamen, war ich viel ausgeschlafener als noch auf der Hinfahrt, so langsam gewöhne ich mich an die viel zu kleinen Bussitze.
Zuhause duschte ich, machte etwas Sport und entspannte meinen strapazierten Magen, dem die vielen Leckereien leider doch zu gesetzt hatten. Da ich das zur Arbeit fahren ja aufgegeben hatte, machte ich mir einen entspannten Tag zuhause.

dienstag, 28. mai

Entspannen war die Devise. 

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