Montag, 29. April 2013

eieiei drei ganze monate


mittwoch, 24. april

Die Medikamente gegen den Ausschlag waren versprochen stark und auszehrend, durch das ständige Jucken hatte ich zudem erneut schlecht geschlafen. Am Morgen ging es deswegen überhaupt nicht und ich blieb zuhause. Beim Mittagessen ging es mir immer noch nicht besser und meine Gasteltern machten mir mit ihren Krankheitsbefunden Angst. Es half alles nichts ich ging in Krankenhaus um mich überprüfen zu lassen. Obwohl meine Gasteltern von Todesgefahr für mich sprachen, hielt es keiner für notwendig mich zum Arzt zu fahren. Etwas geschwächt fuhr ich also alleine mit dem Bus.
Im Krankenhaus angekommen musste ich erst einmal um Aufmerksamkeit nerven. Ich fragte so häufig nach einem Arzt, bis ich nach 40min endlich Auskunft bekam und tatsächlich drankam. Der Arzt gratulierte mir zuerst zum Bayernsieg und zur momentanen Führung der Borussia, was ich wegen meines Wartens nicht mitbekommen hatte. Witziger Kerl, der Onkel Doktor. Nach etwas Smalltalk wurde ich sogar noch überprüft und es schien sich nur um eine gewöhnliche Allergie zu handeln - keine lebensbedrohliche Vergiftung wir mir prophezeit worden war. Wegen was die Allergie vorlag konnte er allerdings auch nicht sagen. Ich bekam Tabletten und Creme verschrieben, mit der der Ausschlag zurück getrieben werden sollte. Zudem bekam ich eine Spritze, die sofort helfen sollte. Die Krankenschwester hatte allerdings Probleme meine blau leuchtende Vene zu erkennen, weshalb ich noch immer einen blauen Fleck am Arm besitze. Samt Rezept ging es zur Apotheke, hinter deren Theke emsig gewirbelt und gesucht wurde. Sie war gut ausgestattet und man fand die mir verschriebenen Mittel sofort. Wegen meiner Spezialweltwärtsversicherung war es dann etwas komplizierter alles richtig abzuwickeln. Dennoch konnte ich danach versuchen die letzten Champions League Minuten zu sehen. Vor einem Fernsehgeschäft wurde ich fündig. 10 Bolivianer standen willkürlich vor dem Schaufenster und glotzen auf einen der Monitore. Ich schloss mich an.
Nach Ende des Fernsehtests ging es nachhause. Da ich zur Erholung des Körpers eine Woche Sportverbot bekommen hatte, fiel Kung Fu leider aus. Außerdem sollte ich bis Montag keine komplizierten Speisen essen. Konkret begann die Phase von Wasser und Brot. Da muss ich wohl durch.

donnerstag, 25. april

Das Jucken hatte nachgelassen und ich konnte wieder zum Zeit absitzen ins Büro. Anschließend ging es nachhause, ich telefonierte nachhause und las. Dann war der Tag auch schon rum. Ich hatte sogar etwas Reis, Kartoffeln und trockenes Hackfleisch erhascht.

freitag, 26. april

Wann ist dieses unerträgliche Rumgesitze endlich vorbei?
Mittags aß ich trocken Brot und noch trockenere Kekse in einem Park und genoß im Schatten die Sonne. Mittags ging ich zum Haus des anderen Freiwilligen und die Terrasse wurde endgültig gesäubert. Eine braune Kackbrühe schoss aus dem 6m hohen Abfluss auf die Straße und verschmutzte die unterliegenden Fenster. Passanten wunderten sich über die Ursache der braunen Flüssigkeit und winkten freundlich als sie uns sahen.
Zusammen mit seiner Gastschwester gingen zum Billiardspielen. Wie lange man brauchen kann um sich zum Billiardspielen fein zu machen habe ich heute bei ihr gemerkt. Der Laden war überfüllt mit Touristengringos, die seltsame Dinge über Bolivien redeten und noch nicht einmal an der Oberfläche des Landes gekratzt hatten. Wir zwei sind froh, dass wir innerhalb eines Jahres die Möglichkeit haben, etwas weiter einzutauchen. Da für mich auch Alkohol verboten war, genoss ich zum Ausgehen einen schönen Tee. Gegen eins ging es für mich im Taxi wieder nachhause.

samstag, 27. april

Um 10 Uhr dauerte es fast zwei Stunden, um es im morgendlichen Verkehr von meinem Haus zum Haus des anderen Freiwilligen zu schaffen. Heute sollten Pflanzen für die Terrasse gesucht und eingegraben werden.
Mit unserem Vorhaben hatten wir mittlerweile sogar seine Gasteltern mobilisiert. Statt Pflanzen zu suchen, wurde altes Gerümpel durchsucht und unbenutzte Bänke und Stühle gefunden. Zur deren Herrichtung mussten jedoch Schmirgelpapier und Lack gekauft werden, weswegen in einen kleinen Heimwerkerladen in den Marktstraßen gingen. Tatsächlich fanden wir alles und bezahlten einiges weniger, weil der besoffene Verkäufer nicht mehr zum Rechnen im Stande war. Selber Schuld, sagte der Gastvater. Ein weiterer Besoffener kreuzte unseren Weg, er starrte mich an und rief mir ein freundliches „ey choco“ entgegen, etwa „hey blondie“. Wir konnten alle nicht anders als lachen, weil die Situation einfach zu komisch war. Nachdem ich mein eigenes Süppchen gekocht bekommen und wir gemeinsam zu Mittag gegessen hatten, wurde den gesamten Nachmittag ans geschmirgelt und gestrichen.
Abends trafen wir uns mit anderen Freiwilligen zu einer Mordsparty, die vor lauter Ansturm aufs Umland verlegt wurde, da es in La Paz nicht genügend Kapazitäten gab. Ich durfte nichts trinken, was sehr gut war. Eine witzige Taxifahrt – zu acht plus Fahrer in einem Fünfsitzer – witzige Gespräche und gute Musik ließen den Abend verheißungsvoll beginnen. Von den 600 erwarteten Gästen hatten es vielleicht 80 auf das Gelände geschafft. 30 tanzten. Uns war das egal. Das Bolivianer es mit Zusagen nicht so genau nehmen waren wir schon gewöhnt. Nach dem wir uns alle kurz ausgeruht hatten, gingen unerwartet um zwei die Lichter an. Bis um fünf hätte es laut Plan mindestens weitergehen sollen, weswegen ich meinen Gasteltern erzählt hatte, dass ich im Haus des anderen Freiwilligen schlafen würde. In Bolivien besitzen die Eltern ein sehr großen Einfluss auf ihre Kinder und selbst 34-jährige müssen manchmal schon um 1 nachhause zu Mutti, die sich sonst Sorgen machen würde. Meine Familie erlaubt mir immer bis um 3 auszugehen. Anders als bei sonstigen Zeitangaben gilt es hier pünktlich zu sein, will man niemanden verärgern.
Das war also das wilde bolivianische Feiervolk, als welches sie sich selber bezeichnen. Ehrlich gesagt ist bei den meisten deutschen Feiern mehr los und länger dauern tun sie auch. Wir wurden sogar aufgefordert, das Gelände sofort zu verlassen. Abmarsch dachten wir uns. Taxis gab es auch keine und wir hatten Glück 20min außerhalb La Paz doch noch eines zu finden. Ein wenig ernüchtert und enttäuscht von den bolivianischen Feierbiestern ging es gemeinsam nachhause. Wenigstens bedeutete die frühere Uhrzeit mehr Schlaf.

sonntag, 28. april

Der dann doch nicht zustande kam, weil es im Zimmer bitterkalt wurde und alle Decken nicht ausreichten. Es wird Winter, was sich vor allem durch Wolkenlosigkeit ausdrückt. Tagsüber bedeutet das in der Sonne angenehme fast heiße Temperaturen, nachts nähern sich die Temperaturen allerdings dem Gefrierpunkt an. Irgendwie fand ich im Zimmer noch einen Schlafsack, in dem eingewickelt ich doch noch bis kurz vor 12 schlief. Mein Körperschmuck juckte gar nicht mehr und hatte sich mittlerweile erträglich zurückgezogen.
Mittags wurde gemeinsam das Essen vorbereitet, was wirklich Spaß machte und mich an eine Familie erinnerte. Der 12-jährige Gastcousin, der im selben Haus wohnt, war runter gekommen und half beim Schmirgeln und anschließenden Essen mit. Ein kleines, rundes, aufgewecktes Kerlchen, der so viel redete, dass kein anderer am Tisch zu Wort kam. Den Nachmittag über wurde gearbeitet.
Gegen halb sieben wurde es dunkel und wollte mich auf den Weg nachhause machen. Ich wartete noch auf die Gastschwester, die in dieselbe Richtung musste und ewig brauchte um sich schick zu machen. Während der Busfahrt unterhielten wir uns nett und ich fragte mich warum meine Gastschwester nicht auch sein könnte.
Zuhause war meine eigentliche Gastfamilie gerade am Abendbrot und ich war von ihren Gesprächen über Geld und anderen unnötigen Gesprächstoff gelangweilt. Möglicherweise lag es auch daran, dass ich das ganze Wochenende mit dem genauen Gegenteil einer Gastfamilie verbracht hatte. Der Kontrast der Beiden wurde mir wieder zu deutlich. Als dann auch noch ein arroganter Witz auf Kosten der anderen Gastfamilie fiel, war ich fast geneigt aufzustehen, riss mich aber noch zusammen. Meine Gastmutter war wieder besser drauf und ich unterhielt mich ein wenig mit ihr, trotzdem erfüllte eine seltsame Stimmung den Raum.
Mein Gastbruder und ich schauten die bolivianische Sportschau, die vor lauter Werbung unerträglich ist. Der Moderator preist ungeniert Produkte an, greift sich z.B. an die Krawatte und schwärmt von ihren Eigenschaften, eine Flasche Cola wird mit solchem Genuss getrunken und anschließend in die Kamera gehalten, das man vor Peinlichkeit brechen möchte. Wenn inzwischen der ständigen Werbepausen tatsächlich ein Spielausschnitt gezeigt wird, kann man den Ball meistens nicht sehen, da ein Drittel des Bildschirms mit Werbebannern voll gekleistert ist. Nach zehn Minuten hatte ich genug und verabschiedete mich ins Bett. Ich wurde wieder daran erinnert warum ich hier kaum Fernsehen gucke.

montag, 29. april

Ich quälte mich aus dem Bett, freute mich jedoch, dass heute der letzte Essensgefängnistag anstand. Endlich Schluss mit Wasser und Brot. Wie jeden Montag ging es in die Retamas. Erneut hatten wir viel zu schleppen und die Leute werden so langsam gierig nach Belohnungen. Statt einem Sticker für ihre erbrachten Materialien, hätten sich gerne mindestens zwei. So Leid es mir tut, kann ich diesen Wunsch nicht erfüllen. Allerdings beweist es, dass viele Menschen nie zufrieden sind, mit dem was sie haben.
Bei Kiwisaft wurde im Haus der Organisatorin noch nett geplauscht, ehe ich mich auf den Weg in Richtung Zentrum machte. Ich vertrieb mir die Wartezeit auf Onkel Doktor mit einem Spaziergang durch das Viertel und probierte trockene Leckereien der Bäckereien. In einem winzigen Park angekommen betrachtete ich den Streit eines jungen Pärchens. Wie alle anderen Betrachter, die sich angesammelt hatten wunderte ich mich über die penetrante, laute Art des Mädchens. Eine ältere Frau echauffierte sich lautstark. „Was für eine Göre, dieses Mädchen.“ Irgendwann legte sich die Aufregung und der Menschenauflauf verschwand. Ich begab mich Richtung Krankenhaus. Trotz festen Termins wartete ich fast eine Stunde auf das Erscheinen des Arztes. Als ich gerade gehen wollte, traf er ein. Alles gut, ich könne wieder normal Essen und Sport treiben.
Daraufhin stattete ich dem nahe gelegenen AFS-Büro einen Besuch ab, um mich über den Fortschritt des Projektwechsels zu erkundigen. In meiner Freizeit hatte ich selber bei anderen Projekten angefragt und hatte sogar Zusagen. Obwohl mir vor 3 Wochen noch dazu geraten wurde, hatte meine Selbstinitiative keinen Sinn gehabt. Wegen des komplizierten weltwärts-Modus müsste erst mit Deutschland geklärt werden, wie es genau weitergehe. Dies war in drei Wochen noch anscheinend noch nicht geschehen, was mich dezent ärgerte. Einen Monat Zeit solle ich ihnen geben. Nun waren also drei Monate meines Freiwilligendienstes um, von denen ich noch kaum „GEDIENT“ habe. Mit dem Wissen der Erlebnisse anderer Freiwilliger zweifle am Modell des Auslandseinsatzes zur Hilfe anderer Nationen immer mehr. Mehr dazu im bald erscheinenden 3-Monats Rückblick. Das ein Wechsel weitere Wochen dauern sollte, ließ meine Hoffnung in die gerade gestartete Woche, auf das Level der Möglichkeit für bolivianisches Meer sinken.
Ernüchtert verließ ich das Büro. Mittlerweile war es fünf Uhr und ich ging so früh wie nie zur Kungfustunde. Mit 2 Kindern und ein weiteren Lernenden begann die Stunde. Da die Kinder kaum aufpassten wurden wir ständig mit Liegestützen oder ähnlichen bestraft und mein Lerneffekt betrug null. Zu allem Übel fiel hinter mir ein Gemälde zu Boden. Laut Meister war mein Karma zerstört und der Geist des Bildes verstört. Um ihn wieder zufrieden zustellen und mein inneres Gleichgewicht aufzuladen, kniete ich zehn Minuten mit gefalteten Händen vor dem Bild. Die Stunde war vorbei und meine Laune hatte sich nicht merklich verbessert.
Ein gebrauchter Tag ging zu Ende.

dienstag, 30. april

Um 0830 traf ich mit meiner Mitarbeiterin in El Alto. Zur gewohnten Arbeitszeit bräuchte ich wegen des Verkehrs für diese Strecke ca. zwei Stunden, weshalb ich mich um 0645 auf den Weg machte. Ich hatte aber völlig unterschätzt, dass es zu so früher Stunde kaum welchen gab. So war ich schon um 0745 am Treffpunkt. Ich war schneller gewesen als so manches Mal auf dem Weg zur Arbeit, welche auf der Hälfte der Strecke liegt. Mir wurde wieder bewusst, wie viel Zeit ich schon in Staus zugebracht hatte.
So hieß erst einmal in der Kälte warten, da es auf der Hochebene noch um einige Grade kälter ist. Nachts kann man sogar schon Frost bestaunen.
Wir machten uns auf die Suche nach dem Aufklärungsmarkt auf dem wir an einem Stand über Recycling aufklären sollten. Um Neun sollte dieser beginnen, war aber an der uns gesagten Stelle nicht auzufinden. So irrten und fragten wir eineinhalb Stunden herum nur am Ende zum Ausgangspunkt zurück zu kehren, wo gerade begonnen wurde aufzubauen. Achja die Zeit. Zwei Stunden nach Plan ging es tatsächlich mit Eröffnungsrede und Theaterstück los. Mütter und Schulklassen stürmten zu unserem Stand und stellten Fragen auf Fragen, denen wir bereitwillig Antwort gaben. Die mitgebrachten Broschüren gingen weg wie warme Semmeln, jedoch nicht ohne diese vorher erläutert zu haben. Nach 2 Monaten im Projekt hatte ich endlich das erste Mal die Ehre, den Hauptaufgabe FUNDAREs zu erledigen. Aufklärung und Lehren über Recycling. Es machte richtig Spaß. Zum allerersten Mal fühlte ich mich hilfreich. 2 Stunden lang erzählten und erklärten wir und nicht wenige waren zu unserem Stand gekommen um einen Blick auf den Blonden zu erhaschen. Sie blieben aber auch stehen und hörten zu. Wenn ich so durch meine Auffälligkeit helfen kann, ist mir das angestarrt werden gerne Recht. Dann war der erfreuliche Einsatz schon wieder vorbei, es wurden abschließende Bilder mit den Veranstaltern gemacht. Als alle Leute verschwunden waren wurde deutlich, dass noch viel über Recycling erklärt werden muss. Die vorher saubere Straße, in der das Event stattgefunden hatte, war nun übersäht von Müll. Die gleichen Leute, die soeben noch interessiert gelauscht hatten, hatten Infomaterialien, Verpackungen des geschenkten Frühstücks und Bananenschalen auf dem schnellsten Weg entsorgt. Etwas resigniert machten wir uns auf den Heimweg. Sollten jedoch ein paar wenige Kinder und einige der Frauen, die dies ihren Freundinnen erzählen würden unsere Botschaft verstanden haben, war unser Einsatz erfolgreich gewesen. Und davon gehe ich aus.
Mittags war ich wieder zuhause, wo ich einige komische Bitten meiner Gastmutter erfüllen sollte. Obwohl sie den ganzen Morgen zuhause verbracht hatte, war sie nicht in der Lage gewesen dies selber zu erledigen und war jetzt im Stress, weil in einer Stunde ihre alten Schulfreundinnen eintreffen sollten. Irgendwie werde ich aus den Launen dieser Frau nicht so wirklich Schlau.
Gegen Nachmittag durfte ich auch die Bekanntschaft mit ihren Freundinnen machen, die sie seit 30 Jahren nicht gesehen hatte. Künstliches Lachen und erheitert sein verhießen fünf Minuten Fremdscham. Das ist Niklas. Er ist so lustig. Erzähl doch mal was Lustiges so wie neulich, weist du noch. Hahahahaha. Zum Glück war der Spuk bald vorbei.
Den Rest des Tages verbrachte ich mit Spanisch lernen und lesen.
So ging auch die dreizehnte Woche zu Ende und ich bin erstaunt, wie schnell ein Viertel meiner Zeit vorbei gerauscht ist.

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